152
Die oberste Gewalt im Reiche erhielt der Reichstag, der von
nun an seinen Sitz in Regensburg aufschlug. Die einzelnen Fürsten
aber wurden fast ganz selbständig, wodurch die Macht des Kaisers und
des Reiches zu einem Schatten herabsank.
169. Die Folgen des dreißigjährigen Krieges.
Nach diesem verheerenden Kriege bot Deutschland ein gar trauriges-
Bild. Durch das Schwert, durch Hunger oder die Pest war über die
Hälfte der Bewohner umgekommen. Zahllose Städte und Dörfer lagen
in Schutt und Asche oder standen menschenleer. Die Felder waren un-
bebaut; ja, das Land war streckenweise zur Wüste geworden. Zum neuen
Anbau fehlte vollständig alles: Geld, Saatkorn, Zugvieh und arbeitsame
Hände. Wohlstand, Gewerbe, Handel und Industrie, worin Deutschland
bis dahin so Großes geleistet hatte, waren vernichtet. Zudem war eine
schreckliche Verwilderung der Sitten eingerissen. Aus den zügellosen
Soldatenhorden bildeten sich Räuberscharen. Die Jugend war in Un-
wissenheit und Roheit aufgewachsen; Aberglaube und Laster aller Art
hatten in schrecklicher Weise überhand genommen. Infolge der inneren
Zerrüttung war auch die Kraft und das Ansehen Deutschlands nach außen
gebrochen; es hatte aufgehört, der erste Staat der Christenheit zu sein.
In den folgenden zwei Jahrhunderten trat Frankreich in den Vordergrund.
179. Ludwig Xiv. von Frankreich. 1643—1715.
a. Ludwig Xiv. kam, 5 Jahre alt, auf den Thron und regierte
72 Jahre. Ec war ein prachtliebender und ehrgeiziger Fürst. Zu seiner
Zeit lebten in Frankreich viele große und berühmte Männer, Schrift-
steller und Künstler, Staatsmänner und Feldherren. Seine Minister
beförderten Ackerbau und Gewerbe, Handel und Schiffahrt (durch An-
legung vieler Kanäle), wodurch das Land zu großem Wohlstände kam.
Ludwig führte viele Prachtbauten auf und umgab sie mit groß-
artigen Gärten und Anlagen, besonders zu Versailles (wersaj, westlich
von Paris). Außerordentliche Pracht entfaltete sich an seinem Hofe.
Solcher Glanz verleitete die meisten Fürsten zur Nachahmung. Paris
galt für den Mittelpunkt feiner Lebensbildung. Alle Völker Europas
richteten sich in Sitten, Einrichtungen, Lebensart und Kleidung nach
französischer Mode. Die französische Sprache wurde nicht allein die
allgemeine Hof- und Staatssprache, sondern auch die Umgangssprache
der vornehmeren Stände.
d. Ludwigs stolzer Plan ging dahin, der erste und mächtigste Fürst
Europas zu werden. Darum wollte er vor allem sein Land vergrößern,
besonders auf Kosten des ohnmächtigen Deutschen Reiches. So nahm
er mitten im Frieden den bei Deutschland verbliebenen Rest von Elsaß-
Lothringen einfach weg. Im Jahre 1681 überfiel er plötzlich die freie
Reichsstadt Straßburg und ließ sich von den Bürgern huldigen. Um
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_Xiv Ludwig Ludwig_Xiv Ludwig Ludwig Ludwigs
Extrahierte Ortsnamen: Regensburg Deutschland Deutschland Deutschlands Frankreich Frankreich Frankreich Versailles Paris Paris Europas Europas Deutschland Elsaß-
Lothringen
167
tntb die englischen (unter Wellington) vereinigen. Dahin wandte
sich nun Napoleon mit erstaunlicher Schnelligkeit. Zuerst griff er die
Preußen an. Da ihnen niemand zu Hllfe kam, wurden sie besiegt.
Jetzt wandte sich Napoleon gegen die Engländer, welche bei Waterloo
oder Bellc-Alliauce (beii-aiiians, südl. von Brüssel) standen. Noch rechtzeitig
kam ihnen Blücher zu Hilfe, und die Franzosen wurden gänzlich ge-
schlagen. Napoleon ging nun rasch nach Paris zurück und wollte nach
Amerika entfliehen; aber ec mußte sich einem englischen Kriegsschiffe
ergeben und wurde auf die einsame Insel St. Helena im atlantischen
Ozean verbannt, wo er 1821 starb.
c. Die Verbündeten zogen nun zum zweitenmal in Paris ein und
schlossen mit Frankreich den zweiten Pariser Frieden Allein
allzu glimpflich verfuhr man mit dem Lande, das so freventlich das Wohl
der anderen Nationen vernichtet hatte; denn in diesem Frieden behielt
Frankreich abermals Elsaß und Lothringen; doch mußte es bedeutende
Kriegskosten zahlen und die geraubten Kunstgegenstände herausgeben.
186. Der deutsche Lund.
a. In Deutschland wurde nach Napoleons Verbannung das Kaiser-
tum nicht wieder hergestellt Die 38 Staaten, aus denen es bestand,
schlossen den Deutschen Bund, dessen Führung Österreich zugewiesen
wurde. Die Abgesandten dieser Staaten bildeten zusammen den Bun-
destag, der in Frankfurt a. M. seinen Sitz hatte. Der Bundestag
sollte alle gemeinsamen Angelegenheiten beraten und ordnen.
b. Seiner Größe, Macht und Bildung nach hätte nun Deutschland
einer der ersten Staaten Europas sein sollen. Aber innere Zwietracht
verhinderte dies. Die beiden Großstaaten Preußen und Österreich standen
einander mißtrauisch gegenüber; keiner wollte sich dem andern unterordnen.
c. Auch im Innern der einzelnen Staaten herrschte nicht die er-
sehnte Zufriedenheit'. Beim Ausbruch der Freiheitskriege halten die
meisten deutschen Fürsten ihren Völkern als Aufmunterung zum Kampfe
Verbesserungen versprochen, namentlich Verfassungen, d. h. Verträge
zwischen Fürst und Volk. Durch diese sollten jedem Teile seine Rechte
und Pflichten genau abgegrenzt und zugewiesen werden.
Die hauptsächlichsten Bestimmungen einer Verfassung sind: Das Volk wählt
seine Vertreter, die Abgeordneten, welche zusammen die Aammern oder
Land stände bilden. Diese beraten die zu erlassenden Gesetze, setzen die Steuern
fest und genehmigen die nötigen Ausgaben. Der Fürst hat das Recht der Be-
stätigung oder Ablehnung ihrer Vorschläge und die oberste ausführende Gemalt.
Ohne Zustimmung der Landstände können in einem verfaffungsstaate (konstitutio-
nellen Staate) keine wichtigen Änderungen vorgenommen werden.
Die meisten deutschen Fürsten bewilligten ihren Völkern die ge-
forderten Rechte; nur in Preußen und Österreich zögerte man. Baden
erhielt seine Verfassung 1818. in, 200. Rb. § 65.
d. Nur eine segensreiche Einrichtung brachte der Bundestag zu-
stande, den Zollverein 1834. Bisher hatte nämlich jeder Staat an
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Napoleon Napoleon Helena Napoleons
Extrahierte Ortsnamen: Wellington Paris Amerika Paris Frankreich Frankreich Lothringen Deutschland Napoleons Frankfurt_a._M. Deutschland Europas
168
seinen Grenzen die Waren nach Belieben mit Zöllen belegt. Dadurch
waren natürlich Handel und Verkehr aufs äußerste gehemmt. Deshalb
vereinigten sich die meisten deutschen Regierungen und führten in ihren
Staaten eine einheitliche Zollordnung ein.
187. Der dänische Krieg. 1864.
a. Die deutschen Herzogtümer Schleswig und Holstein standen
seit Jahrhunderten unter der Oberherrschaft des Königs von Dänemark.
Durch alte Verträge war aber festgesetzt, daß diese Länder niemals mit
Dänemark vereinigt werden dürften, sondern .auf ewig ungeteilt" bleiben
und nach eigenen Gesetzen regiert werden sollten.
b. Trotzdem versuchten die dänischen Könige wiederholt, das Land
bis zur Eider zu einer dänischen Provinz zu machen. Die Schleswig-
Holsteiner, ein biederer, echt deutscher Volksstamm, hatten schon 1848-
versucht, das verhaßte dänische Joch abzuschütteln; aber ihre Bestrebungen
waren ohne Unterstützung und daher ohne Erfolg geblieben.
e. Als der bisherige K^njg 1863 kinderlos starb und ein Ver-
wandter desselben (Christian Ix.) den dänischen Thron bestieg, wollte-
er sofort Schleswig-Holstern gänzlich mit Dänemark vereinigen. Darauf-
hin erklärte ihm der Deutsche Bund den Krieg. Preußen und Österreich
übernahmen den gemeinsamen Angriff. Im Februar überschritt das ver-
bündete Heer unter Feldmarschall Wrangel die Eider. Das Haupt-
bollwerk der Feinde, das Danewerk, ebenso die Düppeler Schanzen
wurden erstürmt, die Insel Alsen erobert und der König zum Frieden
gezwungen. Er mußte die Elbherzogtümer abtreten, welche von Preußen
und Österreich gemeinsam verwaltet werden sollten.
188. Der deutsche Krieg von 1866.
a. Preußen und Österreich konnten nicht darüber einig werden^
wer von ihnen die zurückeroberten Länder Schleswig und Holstein er-
halten solle. Preußen hätte sie gerne zur Sicherung seiner Grenzen mit
sich vereinigt; aber Österreich wollte eine Machtvergrößerung desselben
nicht zugeben. So brach nach langen Verhandlungen zwischen beiden
Staaten der Krieg aus. An ßänbergebfet und Volkszahl waren die
Kämpfenden einander sehr ungleich. Auf der einen Seite stand der
Kaiserstaat Österreich mit 36 Millionen Einwohnern; mit ihm verbündet
waren Bayern, Württemberg, Sachsen, Hannover, Baden, Hessen, Nassau
und einige Kleinstaaten, zusammen mehr als 14 Millionen Verbündete^
auf der andern Seite hatte Preußen nur eine Bevölkerung von 19 Mill.,
und die ihm befreundeten Staaten konnten ihm keine bedeutende Unter-
stützung bringen. Allein durch gute Bewaffnung und vortreffliche Füh-
rung war es seinem Gegner überlegen; dazu hatte es sich mit Italien
geeinigt, das Österreich von Süden angreifen sollte.
d. Gegen Italien blieben die kaiserlichen Heere siegreich; allein,
gegen Preußens vortreffliche Kriegsmacht konnten sie nichts ausrichten.
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178
Herrntalent und Tapferkeit aus. Schon als Jüngling zeigte er hohe
militärische Kenntnisse. Damals kämpfte das deutsche Reichsheer am
Rhein gegen König Ludwig Xiv. von Frankreich.
Bei der Erstürmung von Philipps-
bürg, einer damals starken Festung, zeich-
nete sich der erst 19jährige Prinz so aus,
daß er vom Kaiser den Oberbefehl über
ein Regiment erhielt. Bei der Befreiung
Wiens von den Türken 1683 erwarb
er sich solchen Ruhm, daß er bald daraus
Oberfeldherr des kaiserlichen Heeres wurde.
In drei großen Feldzügen schlug er die
Türken bis zur Vernichtung und gewann
unermeßliche Beate.*) Darauf eilte er an
den Rhein, um die französischen Mord-
brennerscharen, welche 1689 die ganze
Pfalz und sein eigenes Land verwüstet
hatten, zu vertreiben. Als ihn Krankheit
zwang, den Oberbefehl niederzulegen, zog
er sich auf sein neuerbautes Schloß in
Rastatt zurück, wo er 1707 starb. Er
hatte 26 Feldzüge mitgemacht, 25 Be-
lagerungen ausgeführt, 13 große Schlach-
ten geschlagen und war überall Sieger
geblieben. Das Volk nannte ihn ehrend
und dankbar den „Türkenlouis." Seine beiden Söhne starben kinder-
los, wodurch das Land 1771 an Baden-Durlach fiel, n, 147. Rb. § m.
197. iarl Friedrich der Gesegnete. 1746—1811.
a. Im Jahre 1715 gründete Markgraf Karl Wilhelm von Baden-
Durlach die Stadt Karlsruhe und erhob dieselbe zu seiner Residenz.
Sein Enkel und Nachfolger war Karl Friedrich, einer der edelsten deut-
schen Fürsten, ein wahrer Vater seines Volkes. Unter ihm wurde 1771
Baden-Baden wieder mit Baden-Durlach vereinigt.
d. Seine Regierung fiel in eine schwere Zeit. Als im Jahre 1789 die
französische Revolution ausbrach, hatte Baden als Grenzland unter den nun
folgenden Kriegen viel zu leiden. Karl Friedrich verlor dabei seine links-
rheinischen Besitzungen, erhielt aber durch Zuteilung von Gebieten auf dem
rechten Rheinufer reichen Ersatz. Als Napoleon I. 1806 den Rheinbund
gründete, mußte sich auch Karl Friedrich demselben, wenn auch mit schwerem
Herzen anschließen. Durch seine hohen Regententugenden nötigte er aber
selbst Napoleon die höchste Achtung ab, so daß ihn dieser mit großer Aus-
*) Von dieser Beute sind im Sainmlungsgebäude zu Karlsruhe prächtige
Sättel, Pferdedecken, Fahnen, reich verzierte Waffen, Roßschweife re zu sehen.
Ludwig von Baden,
der „Türkenlouis."
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Extrahierte Personennamen: Ludwig Beate.* Friedrich Karl_Wilhelm_von_Baden-
Durlach Karl Wilhelm Karl_Friedrich Karl Friedrich Karl_Friedrich Karl Friedrich Napoleon_I. Karl_Friedrich Karl Friedrich Napoleon Ludwig_von_Baden Ludwig
147
Luther starb 1546 Einer seiner vertrautesten Freunde und treusten
Mitarbeiter war der gelehrte und milde Philipp Melanchthon von Bretten.
164. Karl V. 1519—1556.
a. Maximilians Sohn, Philipp der Schöne, war mit der
Erbin Spaniens vermählt. Aus dieser Ehe entstammten die Deutschen
Kaiser Karl V. und Ferdinand I. — Karl V., welcher nach dem Tode
seines Großvaters zum Deutschen Kaiser gewählt wurde, war der mäch-
tigste Fürst seiner Zeit. Denn außer den österreichischen Ländern besaß
er Spanien, die Niederlande, Mailand, Neapel, Sizilien, Sardinien und
die spanischen Kolonien in Amerika, so daß man mit Recht sagen konnte,
in seinem Reiche gehe die Sonne nicht unter.
b. Die von Luther gepredigte „christliche Freiheit" war von den
Bauern falsch aufgefaßt worden als Freiheit
von Fronen, Zins und Zehnten. So brach
1525 der sogenannte Bauernkrieg aus.*l
Die Bauern waren von ihren geistlichen und
Weltlichen Grundherren hat bedrückt und mußten
große Abgaben zahlen. Sie wollten nur den
Kaiser zu ihrem Dberherrn haben und die drük-
Eende Herrschaft der Ritter und Grafen abschütteln,
von Stühlingen ausgehend, verbreitete sich der
Aufstand über den Breisgau, Elsaß, Franken und
Schwaben. Als Abzeichen hatten die Aufrührer
rmf ihren Fahnen einen Bauernschuh, wornach
sie ihrem Bund den Namen Bundschuh gaben.
Diese erbitterten Scharen zerstörten zahlreiche
Burgen und Klöster und mißhandelten viele Edel-
leute und Priester. Erst nach blutigen Rümpfen
wurde dieser Krieg beendigt. Mehr als tausend
Klöster und Schlösser lagen in Asche; unzählige
Dörfer waren verwüstet; die Felder lagen unbe-
baut; über fsoooo Menschen hatten ihr Leben
verloren, und das Los der Bauern wurde auf
lange hinaus weit schlimmer als vorher.
«. Trotz seiner großen Macht war
Karl V. nicht imstande, die Ausbreitung
der Protestantischen L-chre in Deutschland
aufzuhalten. Lange Zeit machten chm zwei
auswärtige Feinde viel zu schaffen: Fran^
die Türken. Besonders mit Franz I. hatte Kan mehrere schwere
Kriege in Italien und Frankreich zu führen. Auch mußte er mehrere
Züge nach Afrika unternehmen: in Tunis befreite er 20000 Christen,
welche als Sklaven in diesem Raubstaate gefangen gehalten wurden.
<1. Nach geschlossenem Frieden kehrte er seine Waffen gegen die
Protestanten. Dieser Krieg heißt der schmalkaldische, weil die protestantischen
*) Während des Bauernkrieges lebte Götz von Berlichingen, der Ritter mit
Der eisernen Hand. Eine Zeit lang mußte er sogar Anführer der Bauern sein. Ii, 146.
Karl V.
I. von Frankreich und
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Extrahierte Ortsnamen: Maximilians Spaniens Spanien Niederlande Mailand Neapel Sizilien Sardinien Amerika Schwaben Deutschland Italien Frankreich Afrika Tunis
162
180. Napoleon Gonaparte.
a. Napoleon Bonaparte war 1769 auf der Insel Korsika geboren,
wo sein Vater Advokat war. Schon als Knabe zeigte ec große Vor-
liebe für das Kriegswesen, und eine kleine Kanone war sein liebstes
Spielzeug. In einer französischen Kriegsschule ausgebildet, bewies er
schon als junger Offizier ungewöhnliche Tapferkeit und Feldherrnkunst.
Erst 26 Jahre alt, wurde er zum Oberbefehlshaber des Heeres, welches
in Italien stand, ernannt. Dieses befand sich jedoch in einem kläglichen
Zustande; es fehlte ihm an allem, an Geld, Nahrung, Waffen und
Kleidung. Napoleon aber schuf Ordnung. Durch die unwiderstehliche
Gewalt, die er über die Gemüter der Soldaten ausübte, durch glänzende
Auszeichnungen, wodurch er sie anfeuerte, brachte er alsbald Mannszucht
und Begeisterung in das zerrüttete Heer. Er schlug mit demselben die
Österreicher wiederholt, so daß ihr Kaiser sich zum Frieden gezwungen
sah, in welchem er die Lombardei und Venedig verlor. Napoleon
war der Liebling der Franzosen geworden; denn keiner hatte sie bisher
so zu Sieg und Ruhm geführt wie er. Um den Handel Englands zu
schädigen, wurde jetzt Napoleon mit einem Heere und einer Flotte nach
Ägypten geschickt. Er gewann einen glänzenden Sieg über die Türken
bei den Pyramiden; aber seine Soldaten starben in großer Anzahl
in dem heißen Lande dahin. Seine Flotte war von den Engländern
vernichtet worden.*)!
d. Während Napoleons Abwesenheit erlitten die Franzosen mehrere
Niederlagen durch die Österreicher, Engländer und Russen. Da eilte er
plötzlich mit wenigen Begleitern nach Paris zurück und wurde mit Jubel
empfangen. Das Kriegsglück kehrte wieder, und er gewann das linke
Rheinufer. Er machte der bisherigen französischen Regierung ein Ende,
ließ sich 1799 zum erstenkonsul ernennen und herrschte unter diesem
Namen als unumschränkter Gebieter. Die Franzosen, die ihren König
ermordet und so viel von Freiheit geredet hatten, gehorchten ihm gut-
willig und ließen sich alles von ihm gefallen. Als er das sah, wurde
er kühner, setzte sich 1804 die Kaiserkrone auf und hieß von nun an
Napoleon I., Kaiser derfranzosen. Damit erreichte die erste
französische Republik ihr Ende.
181. Kaiser Napoleon I.
Napoleon war nicht nur ein ausgezeichneter Feldherr, sondern auch
ein großer Staatsmann. Er stellte in Frankreich überall wieder Ord-
nung her und erließ manche vortreffliche Gesetze. Aber die Krone
Frankreichs genügte ihm nicht; sein unbegrenzter Ehrgeiz verlangte die
*) Der englische Admiral Nelson vernichtete sie 1798 vor Abukir (bei Alexan-
dria). Im Jahre 1805 erfocht derselbe Admiral einen neuen, glänzenden Seesieg
über die französische Flotte bei dem Vorgebirge Trafalgar, südöstlich von Cadix.
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Napoleon Napoleon Napoleon Napoleon Napoleons Napoleon_I. Napoleon_I. Napoleon Admiral_Nelson Cadix
Extrahierte Ortsnamen: Korsika Italien Venedig Englands Napoleons Paris Frankreich Frankreichs
163
Herrschaft über ganz Europa. In zahllosen Schlachten kämpfte er gegen
alle europäischen Staaten und blieb immer Sieger *)
Belgien und Holland, Spanien und Portugal, Italien und die
Schweiz hatte er unterworfen, mit Frankreich vereinigt oder in Repub-
liken umgewandelt. Jetzt/ da er selbst die Krone trug, machte er die
meisten dieser Länder zu Königreichen und setzte seine Brüder und Ver-
wandten als Könige ein.
Österreich besiegte er aufs neue in der Dreikaiserschlacht bei
Austerlitz (unweit Brünn) 1805, Preußen bei Jena (an der Saale)
1806. Beide Staaten mußten die Hälfte ihrer Länder an ihn abtreten.
Im Jahre 1806 stiftete Napoleon den Rheinbund. Sechzehn
deutsche Fürsten mußten sich vom Reiche lossagen und ihn als ihren
Schutzherrn anerkennen. Auch Baden gehörte dazu. Deshalb legte der
damalige Deutsche Kaiser Franz Ii. die deutsche Kaiserkrone nieder
und nannte sich „Kaiser von Österreich." So ging das tausendjährige
Deutsche Reich auch dem Namen nach zu Ende, nachdem es schon Vit
Jahrhunderte lang nur noch ein morscher Bau gewesen war. u, 156.
Um seinem Namen noch höheren Glanz zu verleihen, warb Napo-
leon um des Kaisers Tochter Maria Luise, und mit schwerem Herzen
willigte der Kaiser in die Vermählung ein. Der Sohn, welcher Napoleon
geboren wurde, erhielt schon in der Wiege den Namen „König von Rom".
Jetzt stand Napoleon auf der Höhe seiner Macht. Alle Völker
zitterten vor ihm; er setzte Fürsten ein und ab, wie es ihm beliebte.
Mur England und Rußland waren noch ungebeugt.
182. Deutschlands tiefste Erniedrigung.
a. Das tausendjährige Deutsche Reich war zerstört, und ein fremder,
gewaltthätiger Eroberer und Emporkömmling mußte als Schutzherr be-
trachtet werden. Dazu kam noch, daß die Rheinbundstaaten ihm auch ihre
Truppen zur Verfügung stellen mußten. Und diese kämpften nicht für
deutsche Ehre und deutsche Größe, sondern für des Vaterlandes Schmach
und Knechtung, nicht gegen auswärtige Feinde, sondern gegen die eigenen
Landsleute. So wiederholte sich das ktäglickie Schauspiel deutscher Zwie-
tracht, die schon so oft unser Verderben gewesen ist. Eln großer Teil
des deutschen Landes war verloren. Mitten in Deutschland hatte Napo-
leon aus verschiedenen Gebieten das Königreich Westfalen gebildet und
es einem seiner Brüder gegeben. Fast in allen wichtigen Städten lagen
französische Besatzungen, über das ganze Land waren Spione verteilt,
welche über alles Verdächtige Bericht erstatteten. Die größte Schmach
bestand aber darin, daß es manche Deutsche gab, die so ehrvergessen
waren, sich zu diesem vaterlandsverräterischen Geschäfte herzugeben.
*) Nur einmal vor 1813 wurde Napoleon durch den tapferen Erzherzog Karl
>üei Aspern (unweit Wien) 1809 besiegt. Allein bald gewann er wieder die Oberhand
And damit neue Landesteile. In diese Zeit fallen die heldenmütigen Kämpfe der
Tiroler unter Anführung des standhaften „Sandwirts" Andreas Hofer. § 182.
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Franz Maria_Luise Maria Napoleon Napoleon Napoleon Karl
>üei Karl Andreas_Hofer
Extrahierte Ortsnamen: Europa Belgien Holland Spanien Portugal Italien Frankreich Jena Rheinbund Baden England Deutschlands Rheinbundstaaten Deutschland Westfalen Wien
165
sich seine Freiheit erkämpfte und die Unterdrücker verjagte. Darin rief
er seinem Volke zu: „Ans Vaterland, ans teure, schließ' dich an, das-
halte fest mit deinem ganzen Herzen! Hier sind die starken Wurzeln
deiner Kraft; dort in der fremden Welt stehst du allein, ein schwankes
Rohr, das jeder Sturm zerknickt!"
183. Napoleons Feldzug nach Rußland. 1813.
a. Gegen die seefahrenden Engländer hatte Napoleon bis jetzt nichts
ausgerichtet. Er glaubte nun, dieselben durch Vernichtung ihres Handels
bezwingen zu können. Deshalb verbot er den Verkauf englischer Waren
auf dem Festlande. Alle europäischen Staaten mußten dieser „Handels-
sperre" beitreten; Rußland allein weigerte sich.
Daher rückte er mit mehr als einer halben Million, wozu auch alle
deutschen Staaten Streiter hatten stellen müssen, in Rußland ein. Siegreich
drang er bis Moskau vor. Hier wollte er überwintern. Zu seiner Ver-
wunderung fand er die Stadt fast ganz menschenleer. Aber wenige Tage
nach seinem Einzuge stand die alte Zarenstadt in Flammen. Die Russen
hatten ihre Hauptstadt geopfert, um den Feind zu verderben und ihr
Vaterland zu retten; zudem hatten sie alle Vorräte beseitigt oder vernichtet.
b. So mußte sich Napoleon aus Mangel an Lebensmitteln zum
Rückzüge entschließen. Zu allem Unglück für ihn trat der Winter unge-
wöhnlich früh ein und war auch für jene kältere Gegenden von unerhörter
Strenge. Hunger, Kälte und feindliche Angriffe schwächten das französische
Heer aufs äußerste. Ganze Haufen Soldaten fand man oft morgens
am erloschenen Wachtfeuer erfroren; massenweise wurden Tote noch im
nächsten Frühjahr verbrannt, um ansteckenden Kranlhcüen vorzubeugen.
Beim Übergang über die Beresina, einen rechten Nebenfluß des
Dnjepr, brach die Brücke, wodurch Tausende in den eisigen Fluten ihren
Tod fanden; die Zurückgebliebenen fielen in russische Gefangenschaft.
Jetzt erfolgte die gänzliche Auflösung der -„großen Armee". Napoleon selbst
verließ dieselbe und eilte in einem Schlitten nach Paris, um ein neues Heer
zu rüsten. Nur etwa 20 000 Mann, unter denen kaum 8000 haltkampf-
fähige Soldaten waren, erreichten zerlumpt und elend die preußische Grenze.
184. Die Völkerschlacht bei Leipzig. 18. Oktober 1813.
It, 158-165; Iii, 183—186.
3. In dem furchtbaren Untergang des französischen Heeres in
Rußland erkannten die Völker das Strafgericht Gottes und das Zeichen,
daß das Ende ihrer Knechtschaft nahe sei.
König Friedrich Wilhelm Ul. von Preußen schloß mit
Kaiser Alexander von Rußland ein Bündnis und erließ den be-
rühmten „Ausruf" an sein Volk, worin er alle wehrhaften Männer zum
freiwilligen Kriegsdienst aufforderte. Alles strömte zu den Waffen, und
wer nicht kämpfen konnte, spendete Gaben. Begeisterte Dichter, wie
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Napoleons Napoleon Napoleon Napoleon Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Alexander_von_Rußland Alexander
Extrahierte Ortsnamen: Napoleons Rußland Moskau Paris Leipzig Gottes
166
Rückert, Arndt, Theodor Körner und Max von Schenken-
dorf, feuerten durch ihre Kriegs- und Vaterlandsliebe;: die Kämpfer an.
Im ganzen Volke zeigte sich eine große Opferfrendigkeit für das Vater-
land, verbunden mit tiefer Frömmigkeit und festem Gottvertrauen.
Auch Österreich trat jetzt dem
preußisch russischen Bunde bei. Der
preußische General Blücher (der
„Marschall Vorwärts") erfocht mehrere
glänzende Siege über einzelne Ab-
teilungen des französischen Heeres.
Einen besonders wichtigen Sieg errang
er bei Wahlstatt an der Katzbach,
wofür er zum „Fürsten von Wahl-
statt" ernannt wurde.
b. Napoleon, welcher mit wunder-
barer Schnelligkeit ein neues Heer
geschaffen hatte, sammelte jetzt alle
seine Streitkräfte um Leipzig, und
hier kam es am 16., 18. und 19.
Blücher. Oktober 1813 zu einer blutigen
Völkerschlacht. Blücher und der öster-
Teichische Feldherr Schwarzenberg leiteten die Schlacht gegen Napo-
leon. Während derselben gingen die Truppen der Rheinbundstaaten zu
ihren deutschen Brüdern über. Die Verbündeten errangen nach hartem
Kampfe einen herrlichen Sieg. Napoleon floh über den Rhein. Die
Sieger eilten ihm nach. Blücher war der erste, welcher bei Caub (unter-
halb Bingen) den Strom überschritt. Unaufhaltsam drangen die Verbündeten
in Frankreich ein; trotz der tapfersten Gegenwehr Napoleons marschierten
sie auf Paris los und nahmen es im März 1814 ein.
e. Napoleon wurde abgesetzt, behielt aber den Kaisertitel und die
Insel Elba, wohin er verbannt wurde. Mit Frankreich wurde der
erste Pariser Friede geschloffen.
185. Die Schlacht bei Waterloo. 1815.
a. Nach dem Sturze Napoleons versammelten sich die Fürsten
Europas in Wien, um über die neue Ordnung der Dinge zu beraten.
Da traf plötzlich die Nachricht ein, Napoleon habe Elba verlassen und
fei in Frankreich gelandet. So war es in der That. Überall wurde
der Kaiser mit Jubel empfangen. Die Soldaten und Generäle, welche
gegen ihn geschickt wurden, gingen begeistert zu ihm über.
d. In kurzer Zeit hatte er ein großes Heer beisammen, mit dem er
feinen feierlichen Einzug in Paris hielt. Sein neues Kaisertum dauerte
-gerade 100 Tage. Die in Wien versammelten Fürsten sprachen nun
die Acht über den Friedensstörer aus und schickten ihre Heere gegen ihn.
In den Niederlanden sollten sich die preußischen Truppen (unter B l ü ch e r)
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Extrahierte Personennamen: Arndt Theodor_Körner Max_von_Schenken- Max Napoleon Napoleon Napoleons Napoleon Napoleons Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Leipzig Rheinbundstaaten Rhein Frankreich Napoleons Paris Elba Frankreich Napoleons Europas Wien Elba Frankreich Paris Wien
169
Sie wurden in der Hauptschlacht bei Königgrätz (a. d. Elbe) vollständig
geschlagen. Schon rückten die Preußen gegen Wien vor, als es zum
Waffenstillstand und bald darauf zum Frieden von Prag kam. In
diesem überließ Österreich seinem siegreichem Gegner gegen eine Entschä-
digung die beiden Elbherzogtümer, verzichtete auf die Führerschaft in
Deutschland und trat aus dem Deutschen Bunde aus. An Italien mußte
Österreich Venetien abtreten. Auch sämtliche Verbündeten Österreichs
waren d.n preußischen Waffen unterlegen. Baden, Württemberg, Bayern
und Heffen mußten bedeutende Kriegskosten an Preußen zahlen. Han-
nover, Kurhessen, Nassau und die freie Stadt Frankfurt,
ebenso Schleswig-Holstein wurden dem preußischen Staate ein-
verleibt. Dadurch erhielt dieser einen Zuwachs von etwa 70 000 qkm
Land mit über 4 Millionen Einwohnern. Der Deutsche Bund wurde
aufgelöst. Preußen vereinigte unter seiner Führung die deutschen Staaten
nördlich vom Main zum Norddeutschen Bunde. Mit diesem schlossen
die Südstaaten, Baden, Württemberg und Bayern, ein Schutz- und
Trutzbündnis ab und unterstellten für den Fall eines Krieges ihre
Heere dem Oberbefehl des Bundesfeldherrn, dem König von Preußen,
Wilhelm I. So war die Einigung Deutschlands wesentlich gefördert.
189*- Der deutsch-französische Krieg. 1870/71.
Ii, 167-172; Iii, 187—202.
a. Preußens Siege und die angebahnte deutsche Einheit beun-
ruhigten die Franzosen und besonders ihren Kaiser Napoleon Iii. sehr.
Dieser hoffte, durch die Besiegung Preußens und die Eroberung der
Otheinlande den Ehrgeiz der „großen Nation" zu befriedigen und seinen
wankenden Thron zu befestigen. Einen äußerst günstigen Vorwand boten
ihm die Verhältnisse in Spanien dar. Die Spanier hatten nämlich 1868
ihre Königin vertrieben und boten ihren Thron dem Prinzen Leopold
von Hohenzollern (einem weitläufigen Verwandten des Königs von
Preußen) an. Da Napoleon darin eine Störung des europäischen Gleich-
gewichts erblickte, so schlug der Prinz freiwillig die Krone aus. Damit
nicht zufrieden, verlangte der französische Kaiser von dem Könige von
Preußen, als dem Haupte der Hohenzollern, die Erklärung, daß niemals
ein Prinz aus diesem Hause die spanische Krone annehmen dürfe. Diese
Erklärung konnte der König nicht abgeben, worauf am 19. Juli 1870
Frankreich an Preußen den Krieg erklärte.
d. Napoleon hatte gehofft, daß die süddeutschen Staaten neutral
bleiben oder sich gar mit ihm verbinden würden. Allein ganz Deutsch-
land erhob sich wie ein Mann. Der frevelhafte Friedensbruch hatte
plötzlich ganz Deutschland geeinigt und mit nie geahnter Kriegsbegeisterung
erfüllt. Schon nach wenigen Tagen stand das gesamte deutsche Heer,
1l2 Million stark, unter dem Oberbefehl des greisen Königs von Preußen
an der französischen Grenze. Es folgten sofort die siegreichen Schlachten
bei Weißenburg am 4. Aug., bei Wörth und Spichern am 6. Aug.
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T35: [Preußen Königreich Bayern Sachsen Staat Hannover Baden König Provinz Land], T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen]]
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TM Hauptwörter (200): [T71: [Deutschland Krieg Preußen Volk Napoleon Frankreich Macht Frieden Europa Land], T174: [Preußen Sachsen Hannover Holstein Provinz Königreich Staat Oldenburg Braunschweig Dänemark], T9: [Frieden Napoleon Krieg Kaiser Frankreich Friede Preußen Rußland Jahr Franz], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T141: [Armee Metz General Paris Schlacht August Mac Franzose Mahon Festung]]
Extrahierte Personennamen: Wilhelm_I. Napoleon Leopold
von_Hohenzollern Leopold Napoleon Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Wien Prag Deutschland Italien Venetien Württemberg Bayern Kurhessen Nassau Frankfurt Schleswig-Holstein Main Norddeutschen_Bunde Baden Württemberg Bayern Deutschlands Spanien Frankreich Deutschland Weißenburg